Entspannter Ruhestand ohne private Altersvorsorge? Das wird für die meisten Menschen nicht mehr möglich sein. Um die klassische Rente aufzustocken, hat sich seit einigen Jahren das Anlagekonzept ETF als kostengünstig und flexibel herausgestellt. Aber was gibt es bei der Altersvorsorge mit ETFs zu beachten?
Wir haben mit Martin Schulz-Brückner, Leiter Wertpapiere und Sparen im Produktmanagement der Deutschen Kreditbank AG (DKB) gesprochen und hilfreiche Tipps bekommen.
ETF Nachrichten: Mittlerweile nutzen viele Menschen ETFs zur privaten Altersvorsorge. Für alle, die noch nie davon gehört haben: Können Sie dieses Anlagekonzept kurz erklären?
Schulz-Brückner: Exchange Traded Funds, kurz ETF, sind Fonds, welche die Kursentwicklung von Börsenindizes, zum Beispiel vom DAX 30, nachbilden. Da für die passive Nachbildung eines Index kein aktives Management benötigt wird, sind ETFs oft wesentlich kostengünstiger als klassische aktiv verwaltete Fonds. Da sie über die Börse gehandelt werden können, ermöglichen ETFs es den Anlegern schnell, einfach und flexibel an der Entwicklung der Wertpapiermärkte teilzuhaben. Insbesondere für langfristig orientierte Anleger können ETFs somit ein sinnvoller Baustein sein, zum Beispiel in der privaten Rentenvorsorge.
ETF Nachrichten: Was ist der Unterschied gegenüber andern Formen der privaten Altersvorsorge?
Schulz-Brückner: Die Möglichkeiten zur privaten Altersvorsorge sind ja sehr vielfältig. Egal ob Versicherungen, Immobilien, klassische Sparanlagen, Aktien, Gold oder andere Geldanlagen – alle Formen haben unterschiedliche Besonderheiten. ETFs macht einzigartig, dass sie dem Anleger eine sehr kostengünstige und einfache Möglichkeit bieten, an der Entwicklung der Wertpapiermärkte zu partizipieren.
Da ETFs an der Börse gehandelt werden können, ist die Geldanlage für den Kunden jederzeit verfügbar. Dies kann zum Beispiel in finanziellen Notlagen ein sehr wichtiger Aspekt sein. Im Gegenzug bieten ETFs jedoch weder eine Kapitalgarantie noch greift im Falle von Marktschwankungen ein Management aktiv ein. Das sollte Kunden bewusst sein, bevor sie sich für ETFs zur langfristigen privaten Rentenvorsorge entscheiden.
ETF Nachrichten: Mittlerweile gibt es weltweit fast 5.000 Indexfonds. In diesem Dschungel fällt die Orientierung schwer. Welche ETFs eigenen sich für die Altersvorsorge?
Schulz-Brückner: Bei fast 5.000 Indexfonds weltweit kann man dazu natürlich schwer eine pauschale Aussage treffen. Grundsätzlich sollten Wertpapieranlagen natürlich möglichst breit gestreut sein, um Einzelrisiken in Ländern, Regionen oder Branchen zu reduzieren. Aus diesem Grund ist beispielsweise der MSCI World Index bei unseren Kunden beliebt. Mit ihm investiert der Anleger weltweit in Aktien von verschiedensten Unternehmen. Bevorzugt der Anleger jedoch eine Anlage im Heimatmarkt oder nur in bestimmten Branchen, kann er einen ETF auf den dazu passenden Index nutzen.
Darüber hinaus kann man den Fokus auch auf Aspekte wie Dividenden oder Nachhaltigkeit legen, da es mittlerweile auch hierfür entsprechende Indizes und ETFs gibt. Die Auswahl hängt also stark davon ab, welche Präferenzen der Anleger mitbringt. Außerdem sollten Anleger beachten, dass ETFs auf Aktienindizes mitunter hohen Marktschwankungen ausgesetzt sind. Für die Sicherung der Altersvorsorge kann es daher – zur Reduzierung dieses Risikos – sinnvoll sein, mit zunehmendem Alter des Anlegers, Teile des Kapitals in spezielle Renten-ETFs umzuschichten. Diese bilden Anleiheindizes nach und sind zumeist weniger schwankungsanfällig. Durch solch eine Umschichtung kann der Anleger beispielsweise das Risiko mindern, dass es kurz vor dem Kapitalbedarf noch zu hohen Kursverlusten kommt.
ETF Nachrichten: Gerade in Deutschland schrecken viele junge Menschen davor zurück, ein Wertpapierdepot zum Sparen für die Rente zu eröffnen. Was sagen sie denen?
Schulz-Brückner: Besonders junge Menschen sollten Wertpapiere für die Altersvorsorge in Betracht ziehen. Und das hat einen ganz einfachen Grund: Je länger der Anlagezeitraum ist, desto länger kann der Anleger bei negativen Kursentwicklungen eine Kurserholung abwarten. Langfristig bieten Wertpapiere, im Gegenzug für die möglichen Kursschwankungen, höhere Renditechancen als viele andere Anlageformen. Hinzu kommt, dass Anleger mit einem Wertpapiersparplan den sogenannten „Cost-Average-Effekt“ nutzen können. Dieser bewirkt, dass der Einstiegskurs über die Zeit nach und nach „geglättet“ wird. Da ein Sparplan regelmäßig mit der gleichen Sparrate ausgeführt wird, werden bei hohen Kursen ganz automatisch wenige Wertpapierstücke gekauft und bei niedrigen Kursen mehr. Von diesem Effekt kann ein Anleger bei langfristigen Sparplänen profitieren, denn er erreicht so einen günstigeren Einstandskurs.
ETF Nachrichten: Wann sollte man mit der ETF-Altersvorsorge starten?
Schulz-Brückner: Die Ausgangssituation ist klar: Je früher man mit der Altersvorsorge startet, desto mehr Kapital kann man zur Seite legen. Außerdem ist ein langfristiger Anlagehorizont für die Anlage in Wertpapieren – wie bereits beschrieben – sehr sinnvoll, um bei negativen Kursentwicklungen eine Kurserholung abwarten zu können. Bevor Anleger mit dem Sparen in ETFs beginnen, sollten sie ein sicheres finanzielles Polster für finanzielle Notlagen bilden, beispielsweise mit klassischen Sparanlagen wie Tagesgeldkonten. So kann ein plötzlicher Geldbedarf abgefedert werden, ohne auf Rücklagen für die Altersvorsorge zurückgreifen zu müssen. Daher empfiehlt es sich, erst einen „Notgroschen“ aufzubauen und anschließend mit der ETF-Altersvorsorge zu beginnen.
ETF Nachrichten: Was sind die Risiken beim Investieren in Indexfonds?
Schulz-Brückner: ETFs oder Indexfonds werden nicht aktiv verwaltet. Bei Kursschwankungen an den Märkten findet daher auch kein Eingriff durch ein Fondsmanagement statt. Anleger, die bis zum Renteneintritt in Aktien-ETFs investieren beziehungsweise darin investiert bleiben, tragen ein höheres Kursrisiko, da Aktienindizes zum Teil stark schwanken können. Zur Reduzierung dieses Risikos sollte man mit zunehmendem Alter eine stückweise Umschichtung in schwankungsärmere Renten-ETFs vornehmen. Eine Kapitalgarantie erhalten Anleger in ETFs jedoch nie, da es stets zu Kursschwankungen kommen kann.
ETF Nachrichten: Was sind die größten Fehler, die Langzeitsparer begehen könnten?
Schulz-Brückner: Der vermutlich größte Fehler, den langfristig orientierte Anleger begehen können, ist die Auflösung der Anlage bei kurzfristig negativen Marktentwicklungen. Kursschwankungen an den Märkten sind normal und so kann es natürlich auch zu Kursverlusten kommen. Auf lange Sicht bieten die Aktienmärkte aber dennoch eine höhere Renditechance als Geldanlagen ohne Schwankungsrisiken. Um diese Renditechancen zu nutzen, muss der Anleger aber auch dann investiert bleiben und zwischenzeitliche Kursverluste aushalten. Löst er die Geldanlage nach einer negativen Kursentwicklung auf, kann er von einer folgenden Markterholung nicht profitieren und hat lediglich einen Verlust realisiert. Um erfolgreich zu investieren, ist daher ein möglichst langfristiger Anlagehorizont wichtig. Oder um es mit den Worten des Börsenexperten André Kostolany zu sagen: An der Börse ist 2 mal 2 niemals 4, sondern 5 minus 1. Man muss nur das Durchhaltevermögen besitzen das „minus 1“ auszuhalten.
Dieser Artikel ist Teil der Interviewreihe „Tipps vom ETF-Experten“.
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