Nachhaltige ETFs sind voll im Trend. Überall werben Vermögensverwalter mit Begriffen wie ESG, SRI oder Socially Responsible für ihre Indexfonds. Doch wie nachhaltig sind diese Anlageprodukte tatsächlich? Sind nachhaltige ETFs wirklich umweltfreundlich? Die Realität fällt allzu oft ernüchternd aus.
Der Begriff der Nachhaltigkeit ist mittlerweile auch in der Investment-Welt in aller Munde. Beinahe wöchentlich bringen Vermögensverwalter neue ETFs auf den Markt, deren Vergleichsindizes dem Kriterium der Nachhaltigkeit im besonderen Maße Rechnung tragen sollen. Für Anleger klingt diese Entwicklung erst einmal verheißungsvoll. Vor allem bei den jüngeren Anlegern achtet mittlerweile eine Mehrzahl auf Nachhaltigkeitsaspekte bei der Auswahl potenzieller Investments.
Gleichzeitig stellt sich die Wahl des richtigen Nachhaltigkeits-ETFs meist relativ schwierig dar. Die Nachhaltigkeitskriterien, nach welchen Anbieter ihre ETFs zusammenstellen, sind nämlich teilweise nur schwer zu durchblicken. Die Bewertungsansätze sind oftmals von Anbieter zu Anbieter sehr unterschiedlich.
Sind nachhaltige ETFs eine Mogelpackung?
Eben jener Mangel an Einheitlichkeit und Transparenz ist bereits in der Vergangenheit mehrfach kritisiert worden. Er lädt die Anbieter nämlich dazu ein, bei der Zusammenstellung ihrer Produkte zu tricksen.
Jüngstes Beispiel hierfür ist womöglich der deutsche Vermögensverwalter DWS. Dieser ist Berichten des Wall Street Journals zu Folge ins Visier der US-Behörden geraten. Der Vorwurf des Greenwashings steht im Raum. DWS soll Anleger über den Umfang, in welchem das ihnen anvertraute Geld in nachhaltige Anlagen investiert worden sein soll, belogen haben.
Desiree Fixler, die ehemalige Nachhaltigkeitschefin der DWS, hatte behauptet, dass viele der als nachhaltig angebotenen Anlageprodukte in Wirklichkeit völlig normale Investments ohne echten Nachhaltigkeitsanspruch sind. Grundsätzlich kritisierte Fixler, dass es derzeit noch keine festen Standards und Regeln dafür gebe, was eine nachhaltige Anlage ist und was nicht.
DWS hat die Vorwürfe von Fixler bereits zurückgewiesen. Ob man sich vor Kunden tatsächlich als nachhaltiger präsentiert hat, als man eigentlich ist, wird womöglich erst im Rahmen der Ermittlungen der SEC und anderer US-Behörden ans Licht kommen. Dass in vielen als nachhaltig deklarierten ETFs jedoch jede Menge Unternehmen enthalten sind, welche die meisten Anleger wohl eher nicht als nachhaltig bezeichnen würden, offenbart sich allerdings bereits durch einen genaueren Blick auf deren tatsächliche Zusammensetzung.
Fossile Brennstoffe, Schwerindustrie und Bergbau finden sich auch in ESG ETFs
So beinhalten zahlreiche ESG oder anderweitig als nachhaltig bezeichnete ETFs überraschend viele Unternehmen aus den Bereichen klassische Energie, Industrie und Bergbau. Ölförderer wie Exxon oder Chevron, die wohl bei den wenigsten Anlegern unter die Rubrik „Nachhaltigkeit“ fallen würden, finden sich in überraschend vielen ESG ETFs wieder.
Als Beispiel hierfür lässt sich der UBS ETF S&P Dividend Aristocrats ESG UCITS ETF (ISIN: IE00BMP3HG27) nennen. Dieser erlaubt es Anlegern mit Dividendenfokus, an der Entwicklung der 100 dividendenstärksten Unternehmen der Industrieländer zu partizipieren. Berücksichtigt werden dabei jedoch nur solche Unternehmen, welche „bestimmte Nachhaltigkeitskriterien erfüllen“.
Erfülllt werden diese Kriterien offenbar u. a. vom spanischen Gasnetzbetreiber Enagas, dem kanadischen Pipeline-Betreiber Pempina Pipeline Corp sowie dem US-amerikanischen Ölmulti ExxonMobil. Die Aktien dieser Unternehmen nehmen mit einem Anteil von jeweils über 2 Prozent die drei Top-Platzierungen innerhalb des ESG ETFs ein.
Ölkonzerne, Kohleförderer, Fluglinien und zahlreiche weitere Klima- und Umweltsünder finden sich zuhauf in vermeintlich nachhaltigen Indexfonds wieder. Grund hierfür ist die Art und Weise, wie viele Indexanbieter ihre ESG-Kriterien anwenden. Zum Einsatz kommt hierbei nicht selten das sogenannte Best-in-Class-Prinzip. Dabei werden aus jeder Branche jene Unternehmen berücksichtigt, die zu den nachhaltigsten 25 oder 50 Prozent in ihrem Gebiet gehören. Im Energiesektor, dem Bergbau, der Schifffahrt oder der Schwerindustrie ist ein solcher Spitzenplatz jedoch mit Blick auf die Nachhaltigkeit mehr als relativ.
Ist Gold nachhaltig?
Die Absurdität eines solchen Ansatzes wird mit Blick auf den HANetf AuAg ESG Gold Mining UCITS ETF (ISIN: IE00BNTVVR89) deutlich. Dieser erst im Juli dieses Jahres aufgelegte ETF erlaubt es Anlegern, gezielt in ein Portfolio aus 25 Goldminenbetreibern zu investieren, die sich als besonders nachhaltig hervortun.
Wer sich nun nur etwas mit der Goldförderung auskennt oder einmal eine Godmine gesehen hat, wird jedoch wissen, dass diese Betriebe kaum mit Begriffen wie „nachhaltig“ oder „umweltschonend“ in Verbindung gebracht werden können. Dennoch gibt es nun einen vermeintlich nachhaltigen Gold ETF. Möglich wird das Ganze durch den bereits erwähnten Best-in-Class-Ansatz.
Nun mag man vielleicht argumentieren, dass auf diese Weise Minenbetreiber in den Fokus rücken, die zumindest versuchen, das schmutzige Bergbaugeschäft so umweltschonend und sozial verträglich wie möglich zu gestalten. Langfristig könnte es hierdurch evtl. gelingen, zumindest einige der größeren Umweltsünder zum Einlenken zu bewegen.
Gleichzeitig drängt sich jedoch der Verdacht auf, dass die eigentliche Absicht der Indexbetreiber und ETF-Anbieter eine völlig andere ist. Das Thema Nachhaltigkeit liegt derzeit im Trend. Die Finanzbranche hat bereits in der Vergangenheit immer wieder unter Beweis gestellt, dass sie schnell dabei ist, auf jeden sich bietenden Anlagetrend aufzuspringen: Smart-Beta ETFs, Themen ETFs und nun halt ESG ETFs.
Nachhaltigkeit als Marketing-Begriff
Marketing ist nicht nur im Konsumbereich von großer Bedeutung. Auch Vermögensverwalter und Fondsbetreiber legen großen Wert darauf, ihre Anlageprodukte marketingtechnisch stets ins rechte Licht zu rücken. In erster Linie geht es dabei natürlich um die mögliche Rendite. Als Anleger möchte man schließlich auch einen Gewinn aus dem eigenen Investment erzielen.
Nun, da eine wachsende Zahl von Anlegern nicht nur an einer hohen Rendite interessiert ist, sondern ihr Geld auch möglichst nachhaltig anlegen will, rückt für die entsprechenden Anbieter aber auch der Nachhaltigkeitsbegriff aus marketingtechnischer Sicht in den Fokus. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Renditeaspekt dabei völlig aus den Augen verloren geht.
Die verschiedenen Anbieter stehen nach wie vor im Werben um Anleger in Konkurrenz zueinander. Wer nachhaltige ETFs anbieten kann, die gleichzeitig auch noch hohe Renditen abwerfen, gewinnt. Das Fehlen einheitlicher Standards bei der Definition von Nachhaltigkeit, erlaubt es nun jedoch, auch renditestarke Titel zu berücksichtigen, die ansonsten eher wenig mit echter Nachhaltigkeit zu tun haben. Solange man dem Endprodukt das werbewirksame Etikett „ESG“ oder „Socially Responsible“ aufdrücken kann, ist zumindest aus Sicht der Anbieter alles in Ordnung.
Tariq Fancy, ehemaliger Nachhaltigkeitschef beim Vermögensverwalter BlackRock, hatte Vermögensverwaltern in einem Interview mit der WitschaftsWoche vorgeworfen, ihre schon bestehenden Anlageprodukte mit so wenig Aufwand wie möglich zu modifizieren und dem Ganzen dann einen grünen Sticker aufzukleben. Ein Best-in-Class-Ansatz mit möglichst schwammigen Kriterien erlaubt es dabei, jeden klassischen ETF innerhalb kurzer Zeit grün einzufärben und als vermeintlich nachhaltig neu auf den Markt zu werfen.
Auch die Existenz von ESG Gold ETFs lässt sich auf diese Weise schnell rechtfertigen. Wenn traditionelle Branchen ETFs aufgrund mangelnder Nachhaltigkeit für viele Anleger nicht mehr länger interessant sind, geht den Anbietern potenziell viel Kapital verloren. Mit dem Marketing-Etikett der Nachhaltigkeit kann womöglich verhindert werden, dass bestimmte Bereiche des eigenen ETF-Sortiments komplett wegbrechen.
Sind nachhaltige ETFs ein Schwindel, oder einfach noch nicht ausgereift?
Gleichzeitig nahm Fancy die Branche jedoch auch zum Teil in Schutz. So geschehe vieles, was derzeit im ESG-Geschäft falsch läuft, nicht aus böser Absicht. Vielmehr würden sich die Anbieter aus Ermangelung eines einheitlichen Systems aus Regeln schlicht an dem orientieren, was die höchste Erfolgswahrscheinlichkeit hat.
Was laut Fancys Sicht notwendig sei, um ESG ETFs auf Dauer wirklich nachhaltig zu machen, ist ein gesetzlicher Rahmen. Die EU hat in dieser Hinsicht bereits einen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Infolgedessen hatten Anlagefonds im Wert von rund 2 Billionen Dollar ihre Bezeichnung als ESG revidieren müssen. Dennoch bleibt bisher gerade bei ETFs, welche im Gegensatz zu klassichen Fonds über keine Beiräte oder andere Mechanismen verfügen, welche eine strengere Überwachung der eigenen ESG-Standards ermöglichen, noch sehr viel Spielraum für die einzelnen Anbieter.
Für Anleger bleibt daher zumindest vorerst nur die Möglichkeit, sich eingehend mit dem gewünschten ESG ETF auseinanderzusetzen. Unter den zahlreichen Anlageprodukten finden sich durchaus auch solche, die einer strengeren Auslegung des Nachhaltigkeitsbegriffs folgen. Hier müssen Anleger jedoch auch bereit sein, etwas zu opfern – und wenn es nur die eigene Zeit ist.
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