Die NSO Group – ein israelischer Entwickler von Überwachungssoftware – befindet sich derzeit im Rampenlicht der Aufmerksamkeit. Wie sich herausstellt, wurden offenbar weltweit zahlreiche Journalisten und Oppositionelle mithilfe der NSO-Spionagesoftware Pegasus ausgespäht. In Verbindung mit dem erst kürzlich erfolgten Downgrading seiner Kreditwürdigkeit könnte dies die Pläne des Unternehmens im Hinblick auf eine baldige IPO untergraben.
Eine Kollaboration mehrerer Zeitungen und NGOs, zu denen auch die „Süddeutsche Zeitung“ und die „Zeit“ sowie Amnesty International gehören, haben eine Liste aus mehreren Hundert Journalisten, Politikern, Menschenrechtsaktivisten und Geschäftsleuten zusammengestellt, die von Kunden der NSO Group ausspioniert worden sind. Im Zentrum der Spionage stand der Trojaner „Pegasus“, eines der meistgenutzten Programme von NSO.
Besonders pikant: Scheinbar ist Pegasus auch auf dem Handy von Hatice Cengiz, der Verlobten des ermordeten Washington Post Journalisten Jamal Kashoggi, installiert worden – vier Tage bevor dieser im saudischen Konsulat in Istanbul ermordet worden war.
Staatstrojaner gegen Journalisten und Menschenrechtler
Die NSO Group verkauft ihre Überwachungssoftware an Geheimdienste und Strafverfolgungsbehörden auf der ganzen Welt. Dabei kommen Programme wie Pegasus zumeist zum Einsatz, um Kriminelle und Terroristen auf die Schliche zu kommen.
Bei dieser als „lawful interception“ bezeichneten Form des Hackens müssen sich die zuständigen Behörden jedoch offiziell streng an die geltenden gesetzlichen Vorschriften halten. Problematisch wird das Ganze jedoch dann, wenn Überwachungssoftware auch von autokratischen Regimen eingesetzt wird, wie es offenbar im Fall Kashoggi passiert ist.
Doch auch in demokratischen Ländern scheint Pegasus in der Vergangenheit des Öfteren zum Ausspähen von Journalisten, Aktivisten und Oppositionellen eingesetzt worden zu sein. So überwachte die spanische Regierung beispielsweise katalanische Separatisten-Politiker. In Ungarn sind diverse Investigativ-Journalisten ausgespäht worden und in Mexiko wurden Aktivisten, welche für politische Reformen eintreten, systematisch ausspioniert.
Pegasus infiltriert die Smartphones seiner Ziele und sammelt über diese alle verfügbaren persönlichen Informationen sowie deren Standortdaten. Darüber hinaus soll die Software auch in der Lage sein, Kamera und Mikrofon der von ihr infizierten Geräte eigenständig zu aktivieren und zum Ausspähen der ahnungslosen Zielpersonen zu nutzen.
Klagen gegen die NSO Group
In den vergangenen Jahren ist das israelische Unternehmen bereits mehrfach das Ziel von Klagen gewesen. So hatten WhatsApp und sein Mutterunternehmen Facebook die NSO Group 2019 vor einem US-Bundesgericht in San Francisco verklagt. Angeblich hatte die NSO Group demnach eine kritische Schwachstelle des Messaging-Dienstes genutzt, um rund 1.400 Nutzer auszuspionieren. Von der NSO Group wird dies jedoch bestritten.
Im vergangenen Jahr war die NSO Group sowohl in Israel als auch in Zypern von diversen Journalisten aus Katar, Mexiko und Saudi-Arabien verklagt worden. Diese beschuldigten die NSO Group, die Spyware zur Verfügung gestellt zu haben, mit welcher sie ausgespäht worden waren.
Die NSO Group selbst bestreitet all diese Anschuldigungen. Das Unternehmen behauptet, seine Produkte würden ausschließlich für legitime Zwecke wie das Ausspähen von Drogenringen, anderen kriminellen Vereinigungen sowie Terroristen genutzt werden. Da die NSO Group die Liste ihrer Kunden nicht veröffentlicht, ist unklar, wer alles auf legalem Weg an die hoch entwickelten Spionageprogramme der Israelis herankommen kann. Allerdings behauptet das Unternehmen, dass seine Software weder dafür ausgelegt sei, Journalisten und Menschenrechtsaktivisten auszuspähen, noch für solche Zwecke lizenziert werde.
Die Probleme für NSO häufen sich
Die Veröffentlichung dieser neuesten Liste an Spionagevorwürfen kommt für die NSO Group zu Unzeit. Erst kürzlich hatte die Kreditratingagentur Moody’s die Kreditwürdigkeit des Unternehmens herabgestuft. Statt mit B2 bewertet Moody’s die NSO Group nunmehr mit B3. Zusätzlich dazu beließ Moody’s auch den weiteren Ausblick auf negativ.
Grund für die Herabstufung sind das zuletzt schlechter laufende Geschäft sowie steigende Liquiditätsprobleme für NSO. Aufgrund der Corona-Pandemie war im vergangenen Jahr auch die Zahl der Aufträge im Bereich der Cyberspionage und Überwachung zurückgegangen. Sensitive Software wie die Produkte von NSO werden üblicherweise nicht über das Internet bei den Kunden aufgespielt, sondern unmittelbar von NSO-Mitarbeitern vor Ort installiert. Dies war durch die Reisebeschränkungen jedoch erschwert worden.
Trotz der zuletzt deutlich gesunken Inzidenzzahlen sowie der wieder größer gewordenen Reisefreiheit sieht Moody’s laut eigener Aussage in den kommenden 12 Monaten keine schnelle Erholung bei Umsatz und Profitabilität. Da das Unternehmen derzeit substanziell verschuldet ist, bestehe zudem die Möglichkeit, dass NSO bei einigen Krediten in Zahlungsverzug geraten könnte.
2019 hatten die beiden Gründer Shalev Hulio und Omri Lavie die NSO Group zusammen mit einem Private Investment Fonds vollständig übernommen. Hierfür mussten sie jedoch einen Kredit im Rahmen von 500 Millionen Dollar bei zwei Banken aufnehmen.
Gibt es bald eine NSO Group Aktie?
Angesichts der zuletzt offenbar etwas angespannten finanziellen Situation überrascht es nicht, dass NSO seit Anfang dieses Jahres mit einem Börsengang liebäugelt. Demnach hatten sich NSO-Aufsichtsratsvorsitzender Asher Levy und der Chief Financial Officer Doron Arazi bereits Anfang dieses Jahres mit dem Chef der Tel Aviv Stock Exchange getroffen, um die Rahmenbedingungen eines künftigen IPOs auszuloten.
Laut der „Globes“ – der größten Wirtschaftszeitung Israels – könnte die NSO Group bei einem kommenden Börsengang mit rund 2 Milliarden US-Dollar bewertet werden.
Neben dem eigentlichen Zeitpunkt des Börsenganges ist derzeit jedoch auch noch nicht klar, auf welche Weise der Gang auf das Parkett genau durchgeführt werden soll. So hatte NSO-Mitbegründer und CEO Shalev Hulio bereits öffentlich mit der Möglichkeit eines Börsengangs via SPAC geliebäugelt. Dies würde NSO den Vorteil bieten, dass zahlreiche der bürokratischen und kostspieligen Hürden, welche normalerweise mit einem IPO verknüpft sind, so umgangen werden könnten.
Sollte die NSO Group erfolgreich ihren Weg an die Börse zurücklegen, soll das Geld – neben dem Schuldenabbau – auch für die weitere Expansion des eigenen Geschäftsfeldes genutzt werden. So möchte man sich in Zukunft nicht nur auf dem Gebiet der Spionage- und Überwachungssoftware betätigen, sondern auch in die Entwicklung von Drohnen einsteigen.
Derzeit ist noch völlig unklar, inwiefern die neuesten nun veröffentlichten Vorwürfe die weitere Auftragslage sowie die Chancen der NSO Group, passende Investoren für sich zu gewinnen, beeinträchtigen werden. Bei vielen Investoren und Anlegern nehmen Themen wie Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung eine immer größere Rolle bei ihren Investitionsentscheidungen ein. Ein Unternehmen, welches im Verdacht steht, bei der Ausspähung von Journalisten und Menschenrechtlern durch autoritäre Regime behilflich zu sein, könnte es in Zukunft am Markt womöglich deutlich schwerer haben.
Es ist unwahrscheinlich, dass es aus diesem Grund niemals eine NSO Group Aktie geben wird. Jedoch könnte der Weg dorthin für die Verantwortlichen noch holprig sein.
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