Mussten Sie auch schlucken, als Sie zuletzt die Börsennachrichten gelesen haben? Die jüngsten Kursschwankungen haben bei vielen ETF-Anlegern für heftige Verluste gesorgt. Aber was muss man als ETF-Anleger in einer unruhigen Börsenlage eigentlich beachten? Gibt es spezielle Tipps für Zeiten mit starken Kurseinbrüchen?
Wir haben mit Dr. Otmar Lang, Chefvolkswirt & Direktor Research der TARGOBANK ein Interview geführt, um diese und andere Fragen zu klären.
Der gebürtige Kölner und promovierte Ökonom arbeitete zunächst als Fondsmanager für institutionelle Kunden in Frankfurt. Von 1996 bis 2007 war er dann für die Deutsche Bank im Bereich Bond-Research zuständig. 2007 wechselte er als Chefvolkswirt zur damaligen Citibank nach Düsseldorf. Seit 2010 ist Lang Chefvolkswirt & Direktor Research der TARGOBANK.
ETF Nachrichten: Die weltweiten Aktienmärkte waren in den letzten Tagen von heftigen Schwankungen und starken Verlusten geprägt, obwohl die Wirtschaft in Europa und den USA floriert. Wie ist dieser Mini-Crash Ihrer Meinung nach zu erklären?
Lang: Der Auslöser war die Bekanntgabe der Entwicklung der US-Stundenlöhne. Hier wurde ein Anstieg von 2,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr vermeldet. Das war deutlich mehr als erwartet. Sofort machte folgende Logikkette die Runde: Höhere Löhne führen zusammen mit der US-Steuersenkung zu stärker steigenden Preisen. Diese wiederum machen die Notenbanker weltweit unruhig. Sie müssen die Zinsen schneller anheben als bislang erwartet, was wiederum dem weltweiten Konjunkturaufschwung ein jähes Ende bereiten könnte. Die Frage ist: Warum steigern sich die Finanzmärkte in diese Untergangsphantasien hinein? Lohnsteigerungen sind Ausdruck einer sich belebenden Konjunktur. Das gilt auch für anziehende Inflationsraten, insbesondere dann, wenn sie von einem historisch niedrigen Niveau kommen. In einem solchen Umfeld können auch die Unternehmensgewinne selbstverständlich weiter steigen. Auch steigenden Zinsen sind – vor dem Hintergrund des aktuell sehr niedrigen Niveaus – eher positiv als negativ zu bewerten, weil sie der Fehlallokation des Kapitals weniger Vorschub leisten und damit das Wirtschaftswachstum eher verstetigen als dass sie es dämpfen. Das Umfeld sollte also den Aktienmärkten ganz im Gegenteil eher gefallen.
ETF Nachrichten: Kritiker meinen, dass die Überhitzung der Börsen auch damit zu tun hat, dass vor allem über ETFs Milliarden Dollar in die Märkte gepumpt wurden. Ist da etwas dran?
Lang: Schon seit einigen Jahren sind ETFs in aller Munde und erfreuen sich einer immer größer werdenden Anhängerschaft. ETFs sind mit geringeren Kosten verbunden, einfach über die Börse handelbar und weisen eine hohe Transparenz auf. So kann zum Beispiel mit einem einzigen ETF-Papier ein kompletter Aktienindex abgebildet werden. Betrachtet man das weltweit verwaltete Vermögen von ETFs in den letzten sechs Jahren, so hat sich dieses um rund 140 Prozent erhöht. Doch ist ihr Marktanteil immer noch vergleichsweise klein. Er beläuft sich auf rund zwölf Prozent des US-Aktienmarktes und global betrachtet macht sein Anteil offenbar nur sieben Prozent aus. Mit diesen Volumina kann man weder Haussen noch Baissen herbeiführen oder gar steuern. Allerdings wirken ETFs aufgrund ihrer einfachen Handhabung in extremen Börsensituation auch nicht gerade marktberuhigend. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass auch aktive Vermögensverwalter in abwärts gerichteten Marktphasen sich schnell von größeren Wertpapierpositionen trennen. Ihre differenzierte Vorgehensweise kann dabei den Druck auf Einzeltitel – anders als bei vielen ETFs – nochmals deutlich erhöhen und auf diese Weise andere Titel nach unten ziehen.
ETF Nachrichten: Worauf sollten private ETF-Anleger jetzt achten?
Lang: Spätestens dann, wenn die Börsen volatiler werden, sollten Anleger ihre Asset Allokation auf den Prüfstand stellen. Es gilt sicher zu stellen, dass sich Renditeerwartung, Anlagehorizont und Risiko in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander verhalten. Wenn Umschichtungen nötig sind, sind ETF-Investoren im Vorteil, weil bei diesem Anlagevehikel die Umschichtungskosten vergleichsweise niedrig sind. ETF-Anleger sollten aber dennoch ein hektisches Handeln, insbesondere bei Kursrücksetzern, vermeiden. Denn der Vorteil einer günstigen Kostenstruktur kann Anlegern auch schnell zu einem Nachteil gereichen. Ein Investment in den DAX hat in den letzten fünf Jahren eine Rendite von 64 Prozent gebracht, wenn der Investor aber nur an den zehn Börsentagen mit dem höchsten Kursanstiegen nicht investiert gewesen wäre, hätte seine Rendite nur bei rund 16 Prozent gelegen. Deshalb raten wir auch bei ETFS zu einer nachhaltigen Investmentstrategie, die ein hektisches Rein und Raus vermeidet, auch wenn es verlockend erscheint.
ETF Nachrichten: Gibt es Indizes, die bisher vom Börsenbeben verschont wurden?
Lang: In der aktuellen Korrektur war bisher kein Verstecken möglich. Sowohl die Aktien- als auch die Rentenwerte kamen unter Druck. Normalerweise entwickeln sich diese beiden Asset-Klassen invers zueinander: Das heißt, wenn die eine fällt, steigt die andere. Dieser Mechanismus hat dieses Mal nicht gegriffen, weil an den Finanzmärkten die Sorgen zunahmen, dass die Inflation schneller als erwartet steigen würde. Das ist aber ein Szenario, was beiden Asset-Klassen nicht gefällt. Überraschend jedoch ist, dass der Goldpreis von dieser Entwicklung kaum profitieren konnte. Man hätte erwarten dürfen, dass Gold aufgrund von steigenden Inflationsbefürchtungen im Wert steigt. Das Nichteintreten dieses Szenarios ist positiv zu werten. An den Märkten ist keine (Inflations-)Panik ausgebrochen. Es spricht daher vieles dafür, dass es sich an den Aktienmärkten um eine normale Korrektur handelt, und nicht um den Beginn eines Ausverkaufs. Immerhin: Der US-Dollar konnte seinem Ruf als Fluchtwährung, zumindest kurzfristig, gerecht werden. Aber auch das sollte, wie die ausgebliebene Gold-Hausse, positiv interpretiert werden.
ETF Nachrichten: Nach jedem Crash steigt die Zahl derjenigen, die sagen, dass das Geld auf dem Tagesgeldkonto sicherer sei und ETFs nicht als Form der Geldanlage taugen. Was sagen Sie denjenigen?
Lang: Kursschwankungen gehören zu Wertpapieren dazu. Anleger müssen sich von dem Gedanken verabschieden, dass sich wie früher mit Geld auf dem Spar- oder Tagesgeldkonto völlig risikolos Vermögen bilden lässt. Wer Rendite will, muss ein Stück weit ins Risiko gehen, selbst wenn die Luft an den Anlagemärkten etwas dünner werden sollte. Zweifelsohne gibt es an den Börsen große Schwankungen, doch mit zunehmender Investitionsdauer werden die Risiken kleiner. Wer vor zehn Jahren in den DAX investiert hat, kann sich heute über eine Gesamt-Performance von 76 Prozent oder einer Durchschnittsrendite von 5,8 Prozent pro Jahr freuen. Von solchen Renditen können Tagesgeldsparer in der Periode der Null-Zinspolitik nur träumen.
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