Egal ob als Eigenheim oder Kapitalanlage: Immobilien liegen nicht nur in Deutschland seit langer Zeit im Trend. Doch wer eine Immobilie erwirbt, muss dafür meist eine Menge Kapital aufbringen. Aufgrund der langfristigen Verpflichtungen, welche sich hieraus ergeben, müssen sich Immobilienbesitzer evtl. beim Wertpapierkauf zurückhalten. Dies wirft die Frage auf, ob es möglich ist, einen Immobilienkauf und ein eigenes Portfolio unter einen Hut zu bringen.
Rückläufiger Trend bei Immobilien
Der Immobilienboom in Deutschland hielt vor der Corona-Krise bereits über zehn Jahre hinweg an. Für lange Zeit kletterten die Preise hierdurch stetig nach oben. In den letzten Jahren kam es jedoch nach und nach zu einer Verlangsamung auf dem Immobilienmarkt. Während die Immobilienpreise in Deutschland 2017 noch durchschnittlich um neun Prozent nach oben kletterten, waren es 2019 nur rund fünf Prozent. Vor allem in den stark nachgefragten Ballungsräumen waren jedoch nach wie vor zweistellige Wachstumszahlen zu beobachten.
Im Zuge der Corona-Krise gehen Experten nunmehr von einer starken Abkühlung des Marktes aus. Schon jetzt halten sich viele Kaufinteressenten merklich zurück. Die Einbußen beim Einkommen machen sich dabei auf beiden Seiten bemerkbar. Während potenzielle Kaufinteressenten ihr Kapital lieber vorerst beisammen halten, können viele Mieter Ihre Mieten nicht mehr länger stemmen.
Gleichfalls halten es Experten für unwahrscheinlich, dass die Krise zu einer permanenten Trendwende auf dem Immobilienmarkt führen wird. Dies legen u. a. auch die nach wie vor unverändert guten Fundamentalwerte in Deutschland im Vergleich zur europäischen Nachbarschaft nahe.
Die Gründe für einen Immobilienkauf
Grundsätzlich werden die meisten Immobilien aus einem von zwei Gründen gekauft. Zum einen erfüllen sich viele Käufer damit den Traum vom Eigenheim. Die eigene Immobilie macht Eigentümer unabhängig von Mietpreiserhöhungen. Zudem stellen die eigenen vier Wände durchaus eine gute Vorsorge für das Alter dar.
Vor allen in den mittleren und großen Städten Deutschlands dienen Immobilien jedoch hauptsächlich als Kapitalanlage. Der Trend zur Urbanisierung sorgt dafür, dass die Nachfrage nach Wohnraum in Deutschlands Metropolen seit vielen Jahren stetig gewachsen ist. Dies ermöglichte immer höhere Mietpreise und machte Immobilien in guten Lagen zu äußerst rentablen Anlageobjekten.
Vorteile für Immobilieneigentümer
Wer in Immobilien als Kapitalanlage investiert, profitiert von zahlreichen Vorteilen. Hierzu zählt zum einen der langfristige Wertzuwachs der Immobilie. Solange die Nachfrage nach Wohnraum hoch bleibt, werden Immobilien auch in den kommenden Jahren nach der Krise weiterhin stabil an Wert zulegen. Hierbei kommt es allerdings auch auf die jeweilige Lage an. In den ländlichen Regionen Deutschlands sinken die Immobilienpreise z. B. eher.
Solange eine Immobilie vermietet wird, wirft sie zudem regelmäßig Erträge ab. Auf diese Weise können die Eigentümer zuverlässig regelmäßige Einnahmen erzielen. Auch hierbei ist jedoch die jeweilige Lage entscheidend. Die massiven Mietsteigerungen in den beliebtesten Städten machen viele der dortigen Immobilien besonders renditeträchtig. Eine schlechte Lage kann jedoch gleichfalls eine Stagnation des Mietspiegels bedeuten.
Immobilien bieten zudem den Vorteil, dass sie von Banken gerne als Kreditsicherheiten akzeptiert werden. Ferner können sie nach 10 Jahren steuerfrei veräußert werden. Zudem ermöglichen sie auch steuerliche Abschreibungen.
Gebundenes Kapital und mangelnde Liquidität
Gleichzeitig ist der Kauf einer Immobilie durchaus auch mit einigen Nachteilen verbunden. Hierzu zählt zum einen die Tatsche, dass ein Haus eine größere Menge an Kapital über einen langen Zeitraum hinweg binden kann. Für finanzstarke Investoren, welche ohnehin an einer Vermietung sowie der langfristigen Wertsteigerung interessiert sind, mag dies kein großes Problem darstellen. Vor allem für Privatpersonen, die sich ein Eigenheim zulegen wollen, ist diese Investition jedoch oftmals mit langfristigen und einschneidenden Verpflichtungen verbunden.
Ferner geht eine Immobilie auch mit diversen Nebenkosten einher. Nicht alle davon lassen sich einfach auf die Mieter umlegen. Größere Renovierungsarbeiten und Reparaturen können schnell einen fünfstelligen Betrag kosten. Um sich hierauf vorzubereiten, müssen daher meist Reserven angelegt werden, welche weiteres Kapital binden.
Einen dritten Nachteil stellt schließlich die mangelnde Liquidität einer Immobilie dar. Attraktive Objekte in begehrten Lagen lassen sich schnell verkaufen. Sollte der Immobilienmarkt jedoch aus verschiedenen Gründen unter Druck geraten, kann es schnell zu einem erheblichen Preisverfall kommen. In dem Fall kann sich ein Objekt als unverkäuflich erweisen.
Immobilien und Anlagespielräume
In welchem Maße sich ein Immobilienkauf auf die eigene Anlagetätigkeit auswirkt, hängt in entscheidendem Maße davon ab, über wie viel finanziellen Spielraum ein Anleger verfügt und wofür die Immobilie gedacht ist.
Wer ein Haus als Mietobjekt erwirbt, hat den Vorteil, dass über die Miete zusätzliche Einnahmen hereinkommen. Unter Berücksichtigung der Raten für das Darlehen sowie einer eventuellen Reserve für Instandsetzung und Reparatur kann hierdurch zusätzliches Kapital zur Verfügung stehen, mit welchem man in Wertpapiere investieren kann. Auf diese Weise ist es möglich, das in die Immobilie investierte Geld gleich in dreifacher Hinsicht für sich arbeiten zu lassen. Eine Kombination aus dem Wertzuwachs der Immobilie, den Mieteinkünften sowie Wertpapierrendite kann über einen längeren Zeitraum hinweg enorm renditeträchtig sein.
Wer stattdessen ein Haus für den Eigenbedarf kauft, vermindert seinen Anlagespielraum kurz- und mittelfristig nachhaltig. Dies bedeutet nicht, dass sich ein Eigenheim langfristig gesehen nicht lohnen kann. Ein Immobilienkredit kann eine ausgezeichnete Möglichkeit darstellen, die dauerhafte Niedrigzinsphase für sich zu nutzen. Durch die Unabhängigkeit von Mieten bietet ein Eigenheim auf lange Sicht enorme Einsparpotenziale. Sind das Haus oder die Wohnung zudem einmal abbezahlt, können schnell erhebliche finanzielle Freiräume entstehen, welche z. B. mit zusätzlichen Anlagen in Wertpapieren genutzt werden können.
Auf Liquiditätsengpässe achten
Solange ausreichend finanzieller Spielraum zur Verfügung steht, spricht nichts dagegen, gleichzeitig in eine Immobilie und Wertpapiere zu investieren. Allerdings sollte dabei beachtet werden, dass ein Haus oder eine Wohnung den eigenen finanziellen Spielraum schnell und unerwartet einengen können. Wer z. B. mit Wertpapieren eine langfristige Anlagestrategie verfolgt, sollte dringend darauf achten, dass ausreichend Reserven zur Verfügung stehen, um auch bei größeren Sanierungsarbeiten nicht auf überhastete Wertpapierkäufe angewiesen zu sein. Sollten die Kurse gerade ungünstig stehen, kann sich ein Schaden an der Immobilie ansonsten gleich doppelt schwer auf die finanzielle Lage auswirken.
ETFs können Risiken ausgleichen
Trotz dieses Risikos bieten Wertpapiere und vor allem ETFs durchaus Vorteile, wenn sie speziell mit Immobilien gepaart werden. Besonders hervorzuheben ist hierbei die Reduzierung des Klumpenrisikos. Wer als einzige Kapitalanlage eine Immobilie besitzt, setzt alles auf eine Karte. Im Falle einer ungünstigen Entwicklung des Marktes kann hierbei ein erhebliches Verlustgeschäft drohen.
Zum einen besteht keineswegs die Garantie, dass die Immobilie ewig an Wert hinzugewinnt. Bereits in der Vergangenheit sind Immobilienblasen geplatzt und haben zu enormen finanziellen Verwerfungen geführt. Es ist durchaus möglich, dass auch der Markt für Immobilien in innerstädtischen Spitzenlagen einmal erkaltet. Soziale, wirtschaftliche und technologische Prozesse könnten dazu führen, dass Wohnungen in vormals guten Lagen zu Ladenhütern werden. Weil ETFs von ihrer Natur her stark diversifiziert sind, können sie ein effektives Gegengewicht zur Immobilienanlage bilden.
Ferner können Wertpapiere die mangelnde Flexibilität einer Immobilie teilweise ausgleichen. Sollte es einmal zu einem finanziellen Engpass kommen, können Wertpapierverkäufe Liquiditätsengpässe ausgleichen. Auf diese Art können sie durchaus die Rolle einer finanziellen Reserve einnehmen, welche, solange sie nicht benötigt wird, zusätzliche Rendite abwirft. Um zu verhindern, dass schlechte Kursverläufe die Reserve im ungünstigsten Augenblick schrumpfen lassen, bieten sich Wertpapiere an, welche eine geringere Volatilität aufweisen. Besonders ETFs mit einem Fokus auf niedrige Volatilität könnten hierbei eine Überlegung Wert sein.
Wertpapiere als Finanzierung
Eine weitere Möglichkeit, Wertpapiere mit Immobilienbesitz zu kombinieren, stellt die Finanzierung mit Aktien dar. Dabei wird ein tilgungsfreies Darlehen mit einem Wertpapiersparplan kombiniert. Über die Laufzeit des Darlehens hinweg werden lediglich die Zinsen gezahlt. Das Geld, was ansonsten in die eigentliche Tilgung fließt, wird hingegen in Wertpapiere angelegt. Auf diese Weise können Immobilienbesitzer ihr Geld für sich arbeiten lassen und das Darlehen zum Ende hin mit dem angesparten Wertpapiervermögen auf einen Schlag zurückzahlen.
Ein solches Modell birgt selbstverständlich gewisse Risiken. Entwickeln sich die Kurse nicht so wie geplant, können ungünstige Anschlussfinanzierungen notwendig werden. Gleichzeitig kann sich eine solche Finanzierung jedoch bereits bei einer durchschnittlichen Kursentwicklung als sehr günstig erweisen. Zudem bietet dieses Modell bestimmte steuerliche Vorteile.
Zur Risikominimierung eignen sich auch in diesem Fall diverse ETFs. Das langfristige Modell passt zudem gut zu einem ETF-Sparplan. Hierdurch können Immobilienbesitzer gleichzeitig vom Cost-Average-Effekt profitieren. Wer das Risiko weiter minimieren möchte, kann auch auf einen hybriden Finanzierungsplan zurückgreifen, bei welchem zwei Darlehen abgeschlossen werden. Eines davon wird auf die herkömmliche Weise zurückgezahlt, während das andere auf einem Wertpapiersparplan basiert.
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