Die Gigaset-Aktie stürzt ins Bodenlose und kostet inzwischen kaum mehr als das Pfand für eine Flasche Bier und es geht weiter runter. Das Unternehmen verkündete am Dienstagabend, Insolvenz anmelden zu müssen. Während der Geschäftsbetrieb bei Gigaset weiterläuft, fragen sich Anleger zurecht, was aus ihren Aktien wird. Abschreiben oder besteht noch die Chance auf Besserung?
Gigaset am Ende
Gigaset ist für seine Festnetztelefone bekannt und in diesem Bereich Marktführer in Europa. Hergestellt werden aber auch Smartphones und Smart Home Produkte. Das Unternehmen aus Bocholt hat seit längerer Zeit zu kämpfen und musste nun weniger Umsätze als erwartet hinnehmen, was zur Zahlungsunfähigkeit führt.
In der Pressemitteilung heißt es:
„Der Vorstand der Gigaset AG hat heute beschlossen, wegen Zahlungsunfähigkeit einen Antrag auf Eröffnung eines Regelinsolvenzverfahrens für die Gigaset AG sowie einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung für deren mittelbare Tochtergesellschaft Gigaset Communications GmbH beim zuständigen Amtsgericht Münster zu stellen. Die Entwicklungs-, Produktions- und Vertriebstätigkeiten von Europas Marktführer für DECT-Schnurlostelefone werden unverändert fortgeführt. Ziel ist die nachhaltige Restrukturierung der wirtschaftlichen Basis des Telekommunikationsunternehmens.“
Das Unternehmen kann auf eine 175-jährige Geschichte blicken. 2022 konnte Gigaset die im November 2022 gesetzten Prognosen noch übertreffen, wie bei der Bekanntgabe der Jahreszahlen im April verkündet wurde. Im letzten Jahr stieg der Umsatz um rund 11 % auf 241,3 Mio. Euro verglichen mit 2021. Angetrieben wurde das Wachstum durch die Segmente Phones, Professional und Smartphones. Die Liquiditätssituation wurde ebenfalls optimiert, und auch das operative Ergebnis (EBITDA) gesteigert.
Im letzten Jahr ging die Geschäftsführung außerdem in die Hände von CEO Dr. Magnus Ekerot über, der für eine Neuausrichtung des Unternehmens verantwortlich wurde, um die Zukunft zu sichern. Dafür sollte ein 3-Stufen-Plan für Fokus, Veränderung und Wachstum bis 2025 verfolgt werden.
Die genauen Gründe für den jetzigen Insolvenzantrag liegen in einem unerwarteten Rückgang der Umsätze im zweiten Halbjahr 2023.
Im Zuge des Restrukturierungsprozesses sollen weiterhin alle Geschäftsaktivitäten aufrechterhalten, aber die Wirtschaftlichkeit jedes Geschäftsbereichs sorgfältig geprüft werden. Die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter werden bis November 2023 durch das Insolvenzausfallgeld der Bundesagentur für Arbeit gedeckt.
Aktie seit längerem fast wertlos
Die Gigaset-Aktie stürzte am Mittwochmorgen auf 0,081 Euro ab – ein Allzeittief. Doch schon seit Jahren strauchelte die Aktie und konnte seit 2013 nicht mehr die 1-Euro-Marke überwinden.
Dabei sah es mal sehr vielversprechend für Gigaset aus. Im Sommer 2007 kletterte die Aktie auf 31,47 Euro, stürzte dann bis Anfang 2009 aber unter 1,50 Euro ab. Ein herber Verlust für Anleger, die auf das deutsche Unternehmen gesetzt hatten und hofften, dass Gigaset ebenfalls vom Smartphone-Boom profitieren könnte.
Die Produkte von Gigaset fanden aber immer weniger Anklang. Der Slogan „Made in Germany“ bringt auch beim Smartphone mit wünschenswerten Specs und Langlebigkeit nicht die gewünschten Umsätze.
Für die Probleme soll das frühere Management verantwortlich sein, so der von Bosch gekommene CEO Ekerot. Dem Unternehmen sei es in den vergangenen Jahren nicht gelungen, das rückläufige Geschäft mit DECT-Telefonen, was das Kerngeschäft von Gigaset war, mit neuen Geschäftsbereichen zu ersetzen. Festnetzanschlüsse werden immer mehr zur Rarität und damit erübrigen sich auch die Hauptprodukte von Gigaset. In dieser Hinsicht war man nicht für Gegenwart und schon gar nicht für die Zukunft gewappnet.
Bei der Bekanntgabe der Halbjahreszahlen 2023 Anfang September mussten die Erwartungen bereits nach unten korrigiert werden.
Noch Aussichten für die Gigaset-Aktie?
Können Anleger noch die Hoffnung haben, dass sich das Blatt wendet? Mit dem Insolvenzantrag ist das Unternehmen noch nicht komplett am Ende, denn der Geschäftsbetrieb geht vorerst weiter.
Obwohl zuvor Gespräche mit potenziellen Investoren geführt wurden, konnten keine erfolgversprechenden Ergebnisse erzielt werden. Dadurch wurde die dringend benötigte Finanzierung von Eigen- und Fremdkapital nicht gesichert. Aus diesem Grund hat der Vorstand beschlossen, einen Antrag auf Eröffnung eines Regelinsolvenzverfahrens zu stellen. Dadurch sollen eine nachhaltige Restrukturierung des Unternehmens Gigaset ermöglicht und eine solide wirtschaftliche Basis geschaffen werden. Die Entwicklung, Produktion und Vertriebstätigkeiten werden fortgesetzt.
Wer Vertrauen darin hat und poker will, dass Ekerot das Ruder herumreißen kann, findet derzeit eine einmalig günstige Einstiegsgelegenheit. Einige Investoren scheinen die Gunst der Stunde bereits zu nutzen, denn die Aktie, die um 74 % im Zuge der Bekanntgabe des Insolvenzantrags fiel, konnte im Laufe des Tages auch wieder 114 % gewinnen. Das waren in diesem Fall gut 6 Cent, aber immerhin gingen die Käufe der Aktie in die Höhe, denn Zocker griffen zu.
Gigaset bleibt auf absehbare Zeit ein hohes Risiko. Sollte es dem Unternehmen gelingen, sich neu auszurichten und ein konkurrenzfähiges Produkt auf den Markt zu bringen, dann könnte sich ein aktueller Einstieg in die Aktie irgendwann auszahlen, doch realistisch gesehen ist dies ein Traum. Vorerst wird einmal wieder viel spekuliert, weswegen man sich fernhalten sollte, wenn man es ernst meint.
Aktionäre sollten sich wenig Hoffnung machen, denn es ist fraglich, ob sie von einer möglichen Sanierung des Unternehmens noch profitieren werden. Oftmals werden in solchen Fällen die werthaltigen Vermögenswerte herausgekauft, während nur noch die überschuldete AG-Struktur zurückbleibt, die normalerweise abgewickelt und dann aufgelöst wird. Für die Aktionäre bedeutet dies einen kompletten Verlust.
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