Update: Mehrere US-Broker haben den Handel mit GameStop-Aktien und -Optionen sowie anderen Wertpapieren eingeschränkt. In vielen Fällen ist nur noch der Verkauf von Positionen möglich.
Spätestens seit Beginn dieser Woche steht die Aktie der US-amerikanischen Computerspiel-Einzelhandelskette GameStop im Fokus der Anlagewelt. Dort spielt sich aktuell ein beispielloser Kampf zwischen Kleinanlegern und Day-Tradern auf der einen und Hedgefonds auf der anderen Seite ab. Was ist passiert und welche Folgen könnten sich daraus ergeben?
Eine unwahrscheinliche Kursrallye
Innerhalb von einer Woche ist der Kurs der GameStop-Aktie (ISIN: US36467W1099) um über 800 Prozent gestiegen. Ein Ende ist aktuell nicht abzusehen. Ebenso schnell könnte es jedoch auch wieder nach unten gehen. Befeuert wird der Run auf das Papier nämlich nicht durch überraschend positive Unternehmenszahlen oder übermäßigen Optimismus aufseiten der Anleger. Der Verkauf physischer PC- und Videospiele ist mittlerweile zu einer Nische geschrumpft. Heutzutage werden Games in erster Linie direkt aus dem Internet downgeloadet. Dementsprechend fristen die Shops von GameStop ein eher tristes Dasein. Das Gleiche galt auch lange Zeit für die Aktie des Unternehmens. Doch aus welchem Grund geht der Kurs nun plötzlich dermaßen durch die Decke?
Hinter der aktuellen Entwicklung steckt eine Menge Spekulation. Angetrieben wird diese in erster Linie jedoch nicht von Hedgefonds und anderen institutionellen Spekulanten. Zahllose Privatanleger und Day-Trader haben sich in diversen Foren zusammengetan und feuern sich gegenseitig dazu an, die GameStop-Aktie zu kaufen und um jeden Preis zu halten.
Soziale Medien als Ausgangspunkt
Im Zentrum steht dabei die auf Börsenspekulationen fokussierte Reddit-Community r/wallstreetbets. Dort tauschen sich zahlreiche Day-Trader und Privatanleger regelmäßig über ihre Aktiengeschäfte aus. Oftmals stehen dabei besonders spekulative Geschäfte im Vordergrund. Derartige Foren für Kleinanleger haben im vergangenen Jahr stark an Popularität gewonnen. Zahlreiche vornehmlich junge Anleger sind erstmals an die Aktienmärkte geströmt. Gleichzeitig begannen sie damit, die sozialen Medien zu nutzen, um sich zusammenzuschließen und Anlagetipps wie auch Memes auszutauschen.
Auch r/wallstreetbets ist im vergangenen Jahr stark gewachsen und umfasste Anfang der Woche rund 2,2 Millionen Abonnenten. Jetzt sind es bereits 4,3 Millionen Abonnenten – Tendenz rapide steigend. Fernab von einem herkömmlichen Anlegerforum neigen die Nutzer dort dazu, das Anlagegeschäft zum Teil nicht wirklich ernst zu nehmen. Regelmäßig feuern sie sich zu waghalsigen Spekulationen an und machen Witze darüber, wenn es einmal schief gehen sollte und sie selbst Verluste einfahren.
WallStreetBets gegen Wall Street
Auf den ersten Blick scheint es sich hierbei also um eben jene Art von wilder Spekulation zu handeln, die viele Experten bereits vergangenen Sommer im Zusammenhang mit der bei jungen Anlegern beliebten Trading-App Robinhood kritisiert hatten. Tatsächlich scheint eine große Zahl der Anleger und Trader, welche hinter dem GameStop-Hype stehen, auch tatsächlich über Robinhood zu traden oder andere Neo-Broker zu nutzen. Allerdings unterscheidet sich die aktuelle Spekulation erheblich von allem, was sich bisher auf dem Markt abgespielt hat. Dieses Mal spekulieren Privatanleger nämlich ganz offen gegen die Börsenprofis der Wall Street. Und bisher sieht es so aus, als würden sie dieses Kräftemessen tatsächlich gewinnen.
Was war passiert? Die schlechte Situation von GameStop ist auch diversen Hedgefonds nicht entgangen. Einer davon ist Melvin Capital. Dort war man davon überzeugt, dass der Kurs der Aktie demnächst noch weiter einbrechen würde. Daher entschied man sich dazu, die Aktie zu shorten. Es handelt sich dabei um einen Vorgang, welcher seit vielen Jahren zum Alltag an den weltweiten Börsen gehört. Doch die Shorts von Melvin Capital blieben nicht unbeobachtet.
Einige findige Mitglieder auf r/wallstreetbets hatten festgestellt, dass mehr GameStop-Aktien geshortet worden waren als überhaupt existierten. Der Anteil der geshorteten Aktien belief sich demnach auf 140 Prozent aller verfügbaren Aktien. Dies könnte auf ungedeckte Leerverkäufe hindeuten. Bei dieser Praxis shortet ein Spekulant Aktien, ohne diese vorher überhaupt zu besitzen. Die Praxis wird seit Langem kritisiert, ist jedoch nicht per se verboten. Darüber hinaus stellte r/wallstreetbets fest, dass sich der überwiegende Anteil der Aktien in privater Hand befanden.
Schnell entwickelte man im Forum den Plan, massiv GameStop-Anteile aufzukaufen und den eigenen Brokern die Anweisung zu geben, diese nicht zu verleihen. Auf diese Weise wollten sie den Aktienkurs in die Höhe treiben und gleichzeitig Melvin Capital und anderen Short-Sellern die Möglichkeit nehmen, diese für ihre Short-Geschäfte zu leihen.
Der Short Squeeze
Tatsächlich gelang es den Privatanlegern, gleich eine Reihe von Wall-Street-Profis auf dem falschen Fuß zu erwischen. Kurz nachdem Citron Research, ein anderer bekannter Short-Seller und Herausgeber von Investment-Newslettern, verkündet hatte, dass der Wert der GameStop-Aktie stark an Wert verlieren würde, begann der Kurs der Aktie stattdessen damit, stark zu steigen. Am 22. Januar stieg der Kurs um 45 Prozent. Am folgenden Montag war der Kursgewinn bereits dreistellig.
Anstatt von einer im Kurs fallenden Aktie zu profitieren, sahen sich die Short-Seller plötzlich mit steigenden Kursen und einer starken Angebotsknappheit konfrontiert. Dies wird allgemein hin als Short Squeeze bezeichnet. Da Short-Seller ihre offenen Positionen wieder glattstellen müssen, sind sie gezwungen, die Aktien zu kaufen, selbst wenn der Preis nun viel höher ist. Der daraus entstehende Nachfrageüberhang kann den Kurs jedoch wiederum weiter steigen lassen, wodurch sich die Verluste der Short-Seller weiter steigern. Offenbar war genau dies nun geschehen.
Am 26. Januar meldete sich Elon Musk per Twitter und postete einen Link zu r/wallstreetbets zusammen mit dem Wort „Gamestonk!!“ – eine Anspielung auf ein gängiges Meme. Dadurch wurden nun noch mehr Anleger auf die Geschehnisse rund um die GameStop-Aktie aufmerksam, was den Kurs abermals weiter steigen ließ.
Für Melvin Capital entwickelte sich die Situation allmählich zur Katastrophe. Laut einem Bericht des Wall Street Journals verlor der Hedgefonds aufgrund des rapide steigenden Aktienkurses rund 5 Milliarden Dollar. Melvin Capital hatte über CNBC verkündet, einen Notkredit über 2,75 Milliarden Dollar von den Hedgefonds Citadel und Point72 aufnehmen zu müssen. Gleichzeitig verkündete man, sich aus der Short-Position zurückgezogen zu haben.
Warum steigt der Kurs weiter?
Zwar sorgte die Mitteilung von Melvin Capital dafür, dass der Kurs zwischenzeitlich einbrach. Schon kurz darauf sollte er sich jedoch wieder erholen und klettert nun weiter nach oben. Zum Vergleich: Während der erste Absatz dieses Artikels geschrieben wurde, lag der Kurs bei 300 Euro je Anteil. Nun sind es bereits über 400 Euro.
Viele Mitglieder auf r/wallstreetbets sind davon überzeugt, dass sie mit ihrer Aktion noch andere Short-Seller kalt erwischt haben, denen es bisher nicht gelungen ist, ihre Position zu schließen. Zudem äußern einige sogar Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussage von Melvin Capital, nicht länger im Spiel zu sein. Demnach könnten die Karten erst am kommenden Freitag bzw. Montag offengelegt werden, wenn zahlreiche noch bestehende Short-Positionen auslaufen sollen.
Gleichzeitig hat die Entwicklung rund um die GameStop-Aktie jedoch auch viel Kritik vonseiten von Börsenexperten und institutionellen Investoren auf sich gezogen. Viele von ihnen kritisierten die wilde Spekulation rund um die Aktie. Mittlerweile hat sich sogar die SEC gemeldet und mitgeteilt, die Situation genau zu beobachten, während der Kopf der NASDAQ nach mehr Regulation gerufen hat. Von manchen Seiten wurde in diesem Zusammenhang sogar der Vorwurf der Marktmanipulation erhoben.
Andere Stimmen werfen jedoch ein, dass viele Hedgefonds seit vielen Jahren zu teils zweifelhaften Methoden bei ihren Shorts greifen, ohne dass dies eine strengere Regulation zur Folge gehabt hätte. Dabei haben auch nicht wenige Privatanleger viel Geld durch abstürzende Aktien verloren. Nun hat sich die Situation zum ersten Mal in ihr Gegenteil verkehrt. Der Ausgang der Geschichte ist offen. Die weitere Entwicklung dürfte in jedem Fall spannend zu beobachten sein.
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